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Kunstkenner mit Sinn zum Anstiften

von Katja Engler

Hamburg, 16. Oktober 2009  –   Jürgen Blankenburg hat sich sein Leben lang für die Kunst eingesetzt. Jetzt hat der weltgewandte, sanfte und doch willensstarke Mann das Bundesverdienstkreuz bekommen. Er ist seit 14 Jahren Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen.


Ein sich stetig wandelndes Kunstwerk, das zugleich fantastisches Spielwerk für Kinder ist… Dass ein international höchst geachteter Künstler wie Olafur Eliasson so etwas für ein Museum ankauft, ist nicht selbstverständlich und normalerweise fast unerschwinglich. Mehrere glückliche Zufälle haben es aber doch möglich gemacht, dass die Hamburger Kunsthalle mit dem „Kinderzimmer“ seit Kurzem so ein komplexes Werk besitzt.

Der Mann, der das durch beharrliches Betteln in Hamburgs feinen Kreisen mit möglich gemacht hat, heißt Jürgen Blankenburg (74). Für sein beinahe lebenslanges Engagement hat der weltgewandte, sanfte und doch willensstarke Mann jetzt das Bundesverdienstkreuz bekommen.

Früher einmal hatten auch Hamburgs Museen einen Etat für Ankäufe. Das ist aber lange her. Wenn die Häuser heute ein Kunstwerk kaufen wollen, brauchen sie die Unterstützung ihrer Freundeskreise, sind auf Stiftungen und Sponsoren angewiesen, sonst gibt es nichts Neues. Jürgen Blankenburg ist seit 14 Jahren Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen, die von 1956 bis heute für Hamburgs Museen 400 große Werke gekauft hat und 2008 allein 450 000 Euro bei betuchten Hanseaten einsammeln konnte.

Zu diesem Posten kam er, weil sein Vorgänger Erich Schliemann und einige Mitglieder des damaligen Kuratoriums dem Wunsch des Kunsthallenchefs Uwe M. Schneede nicht folgen wollten, den „Aschehaufen“ von Reiner Ruthenbeck anzukaufen. Zufall ist es nicht, dass dem langjährigen Versicherungsmakler, Manager und studierten Betriebswirt Blankenburg die neue Aufgabe zukam. Sein Leben hatte auch davor immer etwas mit Kunst zu tun gehabt, und zu Hause in seiner Wohnung an der Außenalster hängt Kunst, wohin das Auge blickt. Kunst, die Kunstverstand verrät. Sein erstes Bild kaufte er als Student in Paris, und als er als Vorstandsassistent in der Stahlindustrie anfing, war sein erster Auftrag interessanterweise, eine Kunstauktion zu besuchen. 14 Tage verbrachte er dann mit dem äußerst renommierten, streitbaren und kompetenten Kunstkenner und Sammler Werner Schmalenbach. „Mein Hang zur Kunst war nicht so förderlich für meine Stahl-Karriere“, sagt Blankenburg schmunzelnd. „Da hieß es immer: ‚Der ist so ein Schöngeist.‘ Die anderen traten einfach härter auf als ich.“ Blankenburg blieb sich treu und machte trotzdem seinen Weg. Denn er wusste: „Kunst setzt Kreativität frei. In der Kunst wird quergedacht.“ Das Querdenken ist etwas, das er auch selbst praktiziert, die Freiheit des Denkens ist für ihn mindestens so wichtig wie dessen ästhetische Hervorbringungen. Und er heiratete eine Frau, die ebenso wie er den schönen Künsten zugetan war. Monika Blankenburg spielt nicht nur wie er ein Instrument (sie Cello, er Klarinette), sie engagiert sich ebenfalls – für junge Musiker im Kuratorium der Deutschen Stiftung Musikleben.

Der Anfang allen Engagements lag aber viel früher, 1952. Da war Jürgen Blankenburg gerade 17 Jahre alt und erlebte seinen „großen Wohlstandsschock“. Als Austauschschüler kam er aus dem zerbombten Ruhrgebiet nach Alabama, wo seit 1865 Frieden herrschte. Dort ging er „auf eine tolle Schule, wo ich viel gelernt habe“. Das Wichtigste aber war: „Mein Aufenthalt in Amerika öffnete meinen Blick für die Verschiedenheit der Welt. Das hat mein Leben geprägt.“ Die Erkenntnis, dass man die Dinge anders sehen und machen kann, war seitdem einer der Schlüssel, mit denen Blankenburg durchs Leben ging. Von seinen amerikanischen Gasteltern lernte er außerdem, „dass man sich engagieren muss. Das hat mein ganzes Leben bestimmt.“

Er tat es ihnen schon bald gleich – und ist bis heute aktiv im Beirat diverser Stiftungen, viele davon fördern die schöpferischen Talente von Kindern aus benachteiligten Verhältnissen. Allein für die weltweit größte Schüleraustauschorganisation AFS Intercultural Programs war er 50 Jahre lang tätig, davon acht Jahre als Finanzchef. „Wenn man 35 Jahre lang Manager war“, sagt Jürgen Blankenburg ganz pragmatisch, „dann kann man diese Fähigkeiten auch einsetzen für etwas Gutes.“ Ein Vorbild will er dennoch nicht sein. Er ist aber eines.


Quelle: DIE WELT, Veröffentlichung mit Genehmigung.

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In Memoriam Jürgen Blankenburg

Photo Dennis Conrad

Jürgen Blankenburg auf einem Sessel von Alessandro Mendini. Die Stiftung für die Hamburger Kunstsammlungen hat ihn kürzlich gekauft.